Mein erster Auslandseinsatz auf Fuerteventura

Posted by Swetlana at 15:03 am 11.06.2023

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Ich bin Lena (29), seit 2022 Mitglied bei Animal Care und gemeinsam mit 6 weiteren aktiven Mitgliedern von Animal Care habe ich im Mai 2023 eine Woche im Tierschutzprojekt auf Fuerteventura verbracht. Trotz Erzählungen und Bildern vorab konnte ich mir nur schwer vorstellen, was auf mich zukommt.

Teil 1: Katzen auf Fuerteventura

Am ersten Tag ging es los mit einer großen Katzen-Kastrations-Aktion, zusammen mit dem neuen Partnerverein Arycan. Die Straßen-Katzen wurden von uns in jeweils zwei Nächten gefangen und am nächsten Tag zum Tierarzt gebracht. Um 12 Uhr der Startschuss: 31 Katzen wurden per Zettel und Halsband durchnummeriert. Es wurde genau festgehalten, welche Katze wo eingesammelt wurde, damit sie genau dort am Folgetag wieder in die Freiheit entlassen werden konnte. Wir haben die drei Tierärzte dabei unterstützt die Käfige während der Operationen zu säubern, die Katzen zurück in den sauberen Käfig mit passender Nummer zu setzen, sowie die teils sehr schwachen Katzen nach der Narkose zu beobachten. Die Kastration von Katzen hat einen direkten Einfluss auf das Leid der Tiere auf der Insel (was ich leider in den nächsten Tagen noch genauer erleben musste). Daher hat es mich total glücklich gemacht mit dieser Aktion einen direkten Einfluss auf das Tierwohl haben zu können. Dazu noch haben es alle Katzen unversehrt überstanden, einem Kater mit Darmverschluss wurde durch unser Eingreifen sogar das Leben gerettet.

Der nächste, sehr einprägsame Einsatz startete in einer Art Slum. Die Region war uns bereits durch das Einfangen der Katzen für die Kastrationsaktion bekannt. Nur wenige Kilometer entfernt von beliebten Surfer-Buchten befinden sich landeinwärts selbstgebaute Blechhütten und Wohnwagen, in denen die Menschen teilweise ohne Strom und fließend Wasser leben. Dort vermehren sich die Katzen uneingeschränkt und unterhalb des Radars der Behörden, der Bevölkerung und der zahlreichen Urlauber. Ich hätte mir vor meinem Einsatz mit Animal Care nicht vorstellen können, dass es solche Gegenden auf der beliebten Urlaubsinsel überhaupt gibt.

Eine dort lebende Frau kann das Leid der Katzen schwer ertragen und füttert sie gelegentlich. Es handelt sich jedoch um hunderte Katzen, was es schwer macht, den Futterbedarf zu decken. Sie freute sich über unsere Hilfe und zeigte uns diverse Orte, an denen junge Katzenmütter in kleinen Nestern ihre Babys versteckt haben. Es war sehr erschreckend mit anzusehen, wie abgemagert alle Katzen und ihre Babys waren. Insbesondere die kleinen Katzen hatten fast alle extrem entzündete Augen, wodurch die Augen so verklebt waren, dass sie sie teilweise nicht mehr aufbekamen. Uns war sehr schnell klar, dass die Katzenbabys ohne tierärztliche Versorgung erblinden würden, was es ihnen unter den schlechten Umständen nicht ermöglichen würde lange zu überleben. Uns ist es gelungen 14 Katzenbabys einzufangen und die kleinen Wesen zum Tierarzt zu bringen. Die Stimmung war bedrückend, da wir bereits ahnten, dass manche Augen und Tierleben nicht zu retten waren.

Insgesamt vier Kätzchen haben wir mit behandelten Augen auf den Pferdeschutzhof der lieben Imke gebracht, wo sie ein neues Zuhause gefunden haben. Sechs Katzenbabys mussten wir nach tierärztlicher Behandlung zurück an ihren Einfangort bringen, weil sie noch zu klein waren und auf Muttermilch angewiesen waren. Bei vier der 14 Katzenbabys war die Erkrankung schon so weit fortgeschritten, dass wir sie nur noch von ihrem Leiden erlösen lassen konnten. Das war unglaublich frustrierend und traurig. In dem Moment musste ich unverblümt realisieren: Wir können nicht alle Tiere retten. Aber jedes gerettete Tier macht unseren Job so wichtig, und das sollte die Motivation sein weiterzumachen und stark zu bleiben. 

 

Teil 2: Hunde auf Fuerteventura

Ein weiterer, wichtiger Part des „Fuerteventura Projektes“ von Animal Care ist es, Hunde aus den Perreras zu retten. Die Perreras sind eine Art städtisches Tierheim, wo eingefangene oder von ihren Besitzern abgegebene Hunde in Zwingern gehalten werden. Die Perreras werden im deutschen Sprachgebrauch auch Tötungsstationen genannt, denn wenn es dort zu voll wird, greifen die Tierärzte zur Spritze und müssen auch kerngesunde Hunde einschläfern. Das wäre in Deutschland gar nicht zulässig. Ist in Spanien aber sogar nach einer „Aufbewahrungsfrist“ der Tiere von 21 Tagen in den Perreras möglich. Das wollen wir natürlich verhindern und versuchen daher so viele Hunde wie möglich auf unsere Pflegestationen vor Ort zu holen. Dort können die Hunde ein schöneres Leben führen oder sogar startklar für die Ausreise und Vermittlung nach Deutschland gemacht werden.

Bei unserem Einsatz auf Fuerteventura haben wir zwei Perreras besucht (La Pared & Puerto del Rosario). Wir wollten uns über die Situation in den Perreras bewusstwerden und mit den Pflegern vor Ort besprechen, welche drei Hunde einen der noch freien Plätze auf unserer Pflegestation bekommen sollten.

Ich wusste, dass es kein leichter Anblick sein wird, aber ich glaube, man kann sich emotional nur sehr schwer drauf vorbereiten. Sobald wir den Flur der Perrera betreten haben und zwischen den Zwingern gelaufen sind, sind die Hunde hochgesprungen, damit sie uns sehen konnten. Die Hunde haben uns voller Aufregung und Hilflosigkeit angeguckt und nach Aufmerksamkeit gebellt. In der Perrera La Pared sind außerhalb von den innen gelegenen Zwingern noch Hunde draußen an Ketten angebracht. In der steigenden Hitze bleibt den Hunden nur ein kleines Stück Schatten in Steinnieschen, die maximal 1m 2 groß sind. Diese „Hundehütten“ wurden von den neuen Betreibern der Perrera erbaut, da sonst die Aufnahmekapazitäten längst erreicht wären und Tiere eingeschläfert werden müssten. Wir haben uns die Zeit genommen die Hunde zu streicheln, kennenzulernen und ihnen Leckerlies zu geben.

Es ist sehr schwierig, dabei rational zu bleiben. Wenn ich ehrlich bin, würde ich am liebsten alle Hunde mitnehmen. Ich persönlich hatte die Erwartung, dass die Hunde in den Perreras durch die meist schlechte Erfahrung mit Menschen eher aggressiv sind. Es hat sich das absolute Gegenteil gezeigt. Die Hunde sind aufgetaut, haben sich auf den Rücken gelegt, sich von uns streicheln lassen und konnten sich vor Freude teilweise gar nicht mehr halten. Zu wissen, dass wir die meisten von ihnen in ihrem ungewissen Schicksal zurücklassen müssen war herzzerreißend, und so floss auch in unserem Animal Care Team die eine oder andere Träne. Auch hier musste ich lernen, dass wir nicht jedes Tier retten können. Aber jeder Hund, der es auch durch den Beitrag unserer Spender*innen auf die Pflegestelle oder sogar nach Deutschland schafft, macht mich super glücklich.

Einer dieser geretteten Hunde ist der Rottweiler Mischling Nookie (Nookie Patenschaft). Er konnte bereits 2022 von Animal Care aus der Perrera von la Pared geholt werden und lebt seitdem auf der Pflegestelle unserer Partnerin Arfica vor Ort. Als ich Nookie kennengelernt habe, habe ich mich sofort verliebt und dazu entschieden eine Patenschaft für Nookie zu übernehmen. Damit kann Animal Care weiterhin auch Hunden wie ihm ein besseres Leben ermöglichen.